Soll ich mich impfen lassen?

Erwägungsgründe

Die COVID-Pandemie und die Impfung sind in aller Munde. Über die Frage der individuellen Impfentscheidung werden unterschiedliche Ansichten vertreten.

Das Hauptargument der Impfbefürworter ist, dass die Impfung das Risiko eines schweren COVID-Verlaufs verringert. Das Hauptargument der Impfgegner ist, dass durch die Impfung die Möglichkeit eines Impfschadens entsteht.

Da beides grundsätzlich zutreffend ist, sollte die Entscheidung auf Basis von Wahrscheinlichkeiten in vernünftiger Weise getroffen werden.

Der Grund für unterschiedliche Auffassungen liegt oft nicht darin, dass die Argumentationsweisen der beiden Seiten sich qualitativ voneinander unterscheiden, sondern dass der Argumentation unterschiedliche Annahmen zugrundeliegen.

Dieses Tool soll dabei helfen, auf Basis bestimmter Annahmen bei der Findung einer Entscheidung für oder gegen die COVID-Impfung zu helfen.

Modell-inhärente Annahmen

Damit diese Anwendung für beide Seiten der Diskussion praktikabel ist, geht sie von einem sehr einfachen bayesschen Modell aus. In diesem Modell werden die Wahrscheinlichkeiten für einen schweren Verlauf und für einen Impfschaden von der Impfentscheidung kausal beeinflusst und sind bei einer gegebenen Impfentscheidung voneinander bedingt unabhängig.

Über diese Grundlage hinaus fußt das Modell auf vier weiteren Annahmen:

  1. Jeder kommt irgendwann mit dem Virus in Kontakt.
  2. Lediglich das Risiko für den schweren COVID-Verlauf und für den Impfschaden sind ausschlaggebend.
  3. Weder die Entscheidung für noch die Entscheidung gegen die Impfung sind per se vorteilhaft oder nachteilig.
  4. Ein schwerer COVID-Verlauf und ein Impfschaden sind gleichermaßen unerwünscht.

Wer die Modell-inhärenten Annahmen ablehnt, dem wird diese Anwendung keinen Mehrwert bringen. Für alle anderen kann dies eine Hilfestellung sein, um eine rational begründbare Impfentscheidung zu treffen.

Mathematische Hintergründe

Bayessches Entscheidungsnetzwerk

Das der Berechnung zugrundeliegende Modell ist ein Bayessches Entscheidungsnetzwerk bzw. Einflussdiagramm (siehe Abbildung). Dieses besteht aus

  • dem Unsicherheitsknoten "Schwer" für die Wahrscheinlichkeit eines schweren COVID-Verlaufs,
  • dem Unsicherheitsknoten "Schaden" für die Wahrscheinlichkeit eines Impfschadens,
  • dem Entscheidungsknoten "Geimpft" für die Entscheidung für oder gegen die Impfung und
  • dem Nutzen "U", welcher sich aus dem Resultat der modellierten Situation ergibt.

Die Unsicherheits- und Entscheidungsknoten können jeweils die Werte "1" (zutreffend, wahr, positiv) und "0" (unzutreffend, falsch, negativ) annehmen.

Es wird folgende Abkürzung der Schreibweisen angewandt (am Beispiel von "Schwer"):

  • P(Schwer = 1) wird abgekürzt zu P(schwer).
  • P(Schwer = 0) wird abgekürzt zu P(¬schwer).

 
 

Entscheidungsknoten und Zufallsvariablen

Das Risiko für einen schweren Verlauf wird durch die Impfentscheidung unmittelbar kausal beeinflusst. Die beiden Zufallsvariablen "Schwer" und "Schaden" sind voneinander bedingt unabhängig, wenn die Impfentscheidung gegeben ist. Die bedingten Wahrscheinlichkeiten der beiden Zufallsvariablen beeinflussen sich gegenseitig nicht. Dies ist die Grundlage des gesamten Modells.

Die erste weitere Annahme des Modells ist, dass jeder mit dem Virus früher oder später in Kontakt kommen wird. Dies ist eine Annahme, die das Modell insofern einfach hält, als keine weitere Zufallsvariable vonnöten ist, die dem Kontakt mit dem Virus entspricht und einen kausalen Einfluss auf das Risiko eines schweren Verlaufs hätte. Aufgrund der hohen Ansteckungsfähigkeit des Virus, der schon seit zwei Jahren dauernden pandemischen Situation sowie der praktischen Unmöglichkeit, menschlichen Kontakt vollständig zu vermeiden, ist diese vereinfachende Annahme gerechtfertigt.

Gemäß der zweiten Annahme wird davon ausgegangen, dass lediglich der schwere COVID-Verlauf sowie der Impfschaden eine Rolle spielen. Insofern genügen die beiden Zufallsvariablen "Schwer" und "Schaden" für das Modell.

Eingabewerte

Die vom Benutzer einzugebenden statistischen Annahmen ergeben die bedingten Wahrscheinlichkeiten, mit denen in diesem Modell gerechnet wird. Die Eingabeparameter werden im folgenden

  • x1 (schwerer Verlauf in 1 von x1 Fällen)
  • x2 (Impfschaden in 1 von x2 Fällen)
  • x3 (Wirksamkeit der Impfung in Prozent)
genannt.

P(schwer|¬geimpft) = 1/x1 Die Wahrscheinlichkeit eines schweren Verlaufs ist bei Nicht-Vorliegen einer Impfung der Kehrwert des x1-Wertes.
P(schwer|geimpft) = ((100-x3)/100) / x1 Eine Wirksamkeit der Impfung von x3 Prozent bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit eines schweren Verlaufs auf (100-x3) Prozent des ursprünglichen Wertes herabgesetzt wird.
P(schaden|¬geimpft) = 0 Wenn keine Impfung vorgenommen wird, ist das Risiko für einen Impfschaden naturgemäß nicht gegeben.
P(schaden|geimpft) = 1/x2 Die Wahrscheinlichkeit eines Impfschadens nach Vornahme einer Impfung ist der Kehrtwert des x2-Wertes.

Angenommener Nutzen der Zufallsereignisse

Der resultierende Nutzen ergibt sich aus dem Ereignis, das tatsächlich eintritt. Er ist durch das Eintreten des schweren COVID-Verlaufs und das des Impfschadens bedingt. Die Impfentscheidung fließt in diesen Nutzen nicht unmittelbar ein. Das Modell mit seiner dritten Annahme geht davon aus, dass Vor- und Nachteile der Impfung sich ausschließlich aus den beiden beeinflussten Zufallsvariablen ergeben und die Impfung keinen positiven oder negativen "Selbstzweck" hat.

Daraus ergeben sich vier Fälle, denen ein Nutzen zuzuordnen ist. Hierfür wurden folgende Werte angenommen:

schwer schaden -10000
schwer ¬schaden -10000
schwer ¬schaden -10000
¬schwer ¬schaden + 100

Für die Wahl der Nutzenswerte ist wichtig, dass die Werte mit Blick auf die Erwünschtheit eines Ereignisses untereinander plausibel sind. Die Werte +100 und -10000 sind davon abgesehen willkürlich. Diese Auswahl dient vor allen Dingen dem Zweck, dass dadurch mit realistischen Wahrscheinlichkeitswerten ein Nutzenswert herauskommt, der neben der Ermittlung der bevorzugten Entscheidung auch ein wenig greifbar ist.

Erwähnenswert ist noch, dass für alle Ereignisse, in denen wenigstens eine der beiden Zufallsvariablen "Schwer" oder "Schaden" positiv ist, pauschal den Wert -10000 erhält. Dies resultiert aus der Annahme Nr. 4, dass ein schwerer COVID-Verlauf und ein Impfschaden im gleichen Maße unerwünscht sind.

Maximierung des erwarteten Nutzens der Entscheidungen

Für die möglichen Entscheidungen - in diesem Modell nur die für oder die gegen die Impfung - errechnet sich nun jeweils ein erwarteter Nutzen. Dabei werden für jede Entscheidung die möglichen resultierenden Ereignisse betrachtet und die Produkte aus den Wahrscheinlichkeiten und dem zugehörigen Nutzen aufsummiert.

Die erwarteten Nutzen der beiden Entscheidungen werden nun miteinander verglichen. Die Entscheidung mit dem größeren erwarteten Nutzen ist die rationale und damit zu bevorzugende Entscheidung.

Kritikpunkte

In der Einfachheit des Modells liegen neben den Stärken gewiss auch seine Schwächen. Es bildet nur einen Bruchteil der Realität ab und blendet vieles aus, was man bei einer umfassenden wissenschaftlichen Betrachtung nicht unberücksichtigt lassen darf. Ein schwerer Krankheitsverlauf und ein Impfschaden sind keine Fragen, die sich mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten lassen.

Da viele ihrem individuellen Risiko, das mitunter vom Lebensalter sowie bestehenden Vorerkrankungen abhängt, ein stärkeres Gewicht geben möchten als einem statistischen Risiko, bietet die Anwendung zumindest zu Möglichkeit, diesem Umstand mittels Variation der Zahlenwerte gerecht zu werden.

Auf den Gebieten der medizinischen Fachbereiche, die die Pandemie betreffen, bin ich ein absoluter Laie. Insofern ist konstruktive sachliche Kritik an dem Modell und der Anwendung herzlich willkommen.

Was sind deine Annahmen?

Die ausschlaggebenden Unterschiede in den Annahmen der beiden Teilnehmer in der Diskussion um die COVID-Impfung sind oft die zugrundeliegenden Statistiken. Die Zahlen können hier nach Belieben angepasst werden und sei es nur, um solange mit ihnen herumzuprobieren, bis sie eine bereits gefallene Entscheidung untermauern.

Schwerer Verlauf in 1 von
Fällen
Impfschaden in 1 von
Fällen
Wirksamkeit der Impfung:
%
 
 

* Die ursprünglichen Daten sind willkürlich gewählt und entsprechen nicht zwangsläufig der faktischen Datenlage.